eingang

fensterband

grundriss eg

haupteingang

TEU


eingang empore

eingang fenster

innenraum

perspektive
veröffentlichung:
baubeginn vorr. 2003
Entwurf für den Umbau der Kirche "St. Pius" in Würselen-Teut

Liturgie und Raum

Die Gemeinschaft soll im Mittelpunkt stehen - deren aktive gottesdienstliche Teilnahme soll gefordert und so die erhöhte Identifikation mit dem Glauben und der Kirche erreicht werden.
Die Neuausrichtung der Gemeinde um einen "Tisch der Communio" ("Tisch der Gemeinde") fordert sie zur aktiven Teilnahme am Gottesdienst auf. Der Tisch dient als Mittelpunkt, auf dem die Gemeinschaft ihre liturgischen Feste feiert: Zum Beispiel werden dort beim Abendmahl "Leib und Blut Christi" abgelegt und zur Taufe die Taufschale aufgestellt. Die Gemeinde und mit ihr jedes einzelne Mitglied stehen hier im wahrsten Sinne des Wortes im Mittelpunkt. Der Blickkontakt zueinander bewirkt ein intensives Erlebnis des Gegenüber - und somit ein verstärktes Zusammengehörigkeitsgefühl. Dies entspricht dem "Weg vom und zum Ursprung" - dem Bild Schwarz´ von der "heiligen Innigkeit", in dem er beschreibt, dass der Ring von Menschen gebildet wird, die sich an den Händen halten und dadurch eine unendliche Kette formen. Der Ring sei Unverbrüchlichkeit und beginne und endet überall; für den jeweils inneren Ring entstehe durch den älteren, höheren Ring Geborgenheit und Schutz in seinem Rücken.
Die Drehung des Raumes um 90 Grad sowie die Abschottung des ehemaligen Altarbereichs bewirken eine spannungsvolle, intime Erfahrung des Betrachters: Der Raum wirkt auf einmal viel greifbarer, verständlicher und dadurch für den Menschen, d.h. für die Gemeinschaft, gemacht. Mit Hilfe der vorgesetzten Holzkonstruktion wird sowohl der unschöne Putz verdeckt, als auch die räumliche Intimität durch die "Semipermeabilität" (Halbdurchlässigkeit) der Anordnung der Holzlamellenverschalung gefördert. Die Ablesbarkeit des Raumes wird durch die maßvolle Gliederung der ursprünglichen Raumdimensionen ermöglicht. Eine gänzlich neue Stimmung lässt dem Gläubigen Raum für Kontemplation und Hingabe in das Wort Gottes.
Alle liturgischen Elemente sind im Raum so angeordnet, dass der Vorsteher einen "Weg" zurücklegen muss, um diese zu holen - dies versinnbildlicht die Bedeutung des "Weges vom und zum Ursprung".
Die liturgischen Elemente "Devotion" und "Tageskirche" befinden sich nunmehr in den Kupferboxen, welche vom möglichst ständig geöffneten Haupteingangsbereich aus erschlossen werden.
Der neu geschaffene Weg durch die verglaste Nordfassade in die Kirche dient als Prozessionsweg und als Auftakt zu Feierlichkeiten wie Hochzeiten und Beerdigungen. Desweiteren ist es möglich aufgrund der Semipermeabilität des "Haus im Haus" Prinzips den Gottedienst von aussen zu beobachten - ohne durch neugierige Blicke zu stören! Die Öffnung des Raumes versinnbildlicht nunmehr die Öffnung der Kirche für alle Individuen.
Im Laufe des Tages und der Jahreszeiten verändert der Raum seine innere Struktur: je nach Sonnenstand und Tageszeit ist er entweder transluzent, semipermeabel oder opak - er erzeugt somit im Wechselspiel mit den Gläubigen verschiedene Stimmungen.
Das Oberlicht zentriert die Gemeinde um die stimmungshafte, lichte Mitte des Raumes und dient somit als Mittlerer zwischen Himmel und Erde.

Funktion

Die Eingangssituation ist klar und einfach ausgebildet - in der Mitte der Westfassade befindet sich nunmehr eine große, einladende Glastür als Haupteingang, welcher ständig geöffnet bleiben kann.
Durch die Holzlamellen kann man in die verschlossene Kirche blicken und die intime, feierliche Raumstimmung sofort erahnen - so wird eine Neugierde auf den darin stattfindenden Gottedienst geweckt.
Der Nebeneingang in der Nordfassade bleibt ständig geschlossen und wird nur bei Bedarf geöffnet; er dient in der Regel zur Erschliessung der Gemeinderäume in den Obergeschossen. Von der Sakristei aus erhält der Pfarrer weiterhin einen separaten Zugang in den Kirchenraum.
Sowohl der nördliche Vorbau als auch der Verbindungsgang zum Turm werden abgerissen, um die Dimensionen der Kirche ablesbar und sie damit begreifbarer zu machen. Der Platzeindruck vor der Kirche wirkt elegant und einladend.
Die Orgelempore bleibt in ihrer alten Funktion erhalten und erhält wie der ganze Raum eine Holzlamellenverschalung.
Eine wesentliche Verbesserung erfährt die Nutzung der Kirche: sowohl gottesdienstliche als auch nichtgottesdienstliche Veranstaltungen sind nunmehr uneingeschränkt möglich: Gottesdienste, Hochzeiten, Beerdigungen, Versammlungen, Feierlichkeiten, Partys und Geburtstagsfeier lässt die Neugestaltung der Kirche fortan zu. Erreicht wird dies, indem die notwendigen Nebenräume im ehemaligen Altarbereich angeboten werden: Toiletten, Küchen, Lagerräume sowie Gemeinde- und Proberäume. Desweiteren ist eine Nutzung des südlichen Freibereichs für Sommertage möglich.
Die Ausstattung des Kirchenraumes erfolgt ausschließlich mit beweglichem, stapelbarem Möbiliar, um die Raumnutzung flexibel ausgestalten zu können.
Durch die Holzlamellen wird das harte Licht gefiltert in den Innenraum geleitet; dies sorgt so für eine angenehme, dem Gottedienst angemessene Raumatmosphäre. Auch die Orgelempore wird durch die Holzlamellen eingegrenzt - dies ist notwendig, um die durch den Balkon entstehende Unruhe aus dem Raum zu nehmen.

Konstruktion

Der Altarbereich wird entweder durch eine Holzrahmenkonstruktion oder durch eine konventionelle Massivbauweise abgegrenzt - je nach Kostenaufwand. Das Haus im Haus wird komplett aus Holz gefertig: raumhohe Holzständer tragen die raumbildenten Holzlamellen. Durch diese Konstruktion bleibt die alte Kirche "ablesbar" - der alte Putz wirkt als zweite Haut und macht das "Haus im Haus"-Prinzip begreifbar. Durch die erhaltenen "Zeitschichten" (Betonrahmen, Putz, und nunmehr Holzlamellen) versteht der Betrachter die Veränderungen innerhalb des Raumgefüges und somit die geänderten Prinzipien und Wertungen in den liturgischen Abläufen.